Jana Kinback, August 2023

Wer von euch bereits bei der Zentralen Prüfstelle Prävention (ZPP) zertifiziert ist, weiß, dass die Genehmigung jedes Kurskonzeptes ein langwieriger Prozess ist. Einer der Themenblöcke, welcher von der ZPP analysiert wird, ist die Wahl der Übungen bei jedem einzelnen Kurskonzept. Hier müsst ihr plausibel erklären, wie genau ihr mit den Kursteilnehmern „turnt“, welche Ziele ihr dabei verfolgt und wie ihr die Übungen didaktisch-methodisch unterrichtet. Was aber, wenn ihr vorhabt, 3 Kurskonzepte à 12 Einheiten zu erstellen? Und jede solche Einheit 20 Übungen beinhaltet? Rechnet nach: Das bedeutet, ihr müsst euch ganze 720 (!) Übungen überlegen, die in jedem Konzept an der richtigen Stelle mit den richtigen Zielsetzungen und der richtigen Methode platziert werden. 😯

Nur keine Sorge, es ist viel einfacher, als es scheint! Denn es gibt Übungen, mit denen ihr nicht nur die ZPP, sondern auch die Teilnehmer glücklich machen könnt, völlig unabhängig vom Kurskonzept!

Übungen für jedes Kursformat

Das zentrale Stichwort heißt Mobilisation. Denn Mobilisationsübungen passen perfekt in jedes Kurskonzept: angefangen bei Aqua-Gymnastik, über Pilates, Yoga, Faszientraining, Wirbelsäulengymnastik, Osteoporosetraining bis hin zum Laufkurs oder Bodyfit. Du kannst solche Übungen entweder zum Aufwärmen (Anregung der Synovia-Produktion bei der Wirbelsäulengymnastik), zum Schwerpunkt der Stunde (Beweglichkeitsflow bei Pilates flow) oder zum Ausklang (Gelenklockerung nach dem Intervalllauf) anwenden.

Wie es der Name schon sagt, sollen Mobilisationsübungen mobilisieren. Es sind Bewegungen, die sich ein oder mehrere Gelenke gleichzeitig vornehmen. Dabei wird dynamisch gekreist, gedreht, gebeugt und gestreckt. Je nach Gelenkform in unterschiedliche Richtungen. Die größte Mobilisationsfreiheit bieten uns die Kugelgelenke der Schulter und der Hüfte. Aber auch andere, weniger bewegliche Gelenke, können durch die Mobilisation auf die bevorstehende Übung vorbereitet werden. Willkommener Nebeneffekt: die Beweglichkeit des Gelenks verbessert sich und die lokale Muskulatur wird aktiviert. Alles Effekte, die die ZPP über alles liebt und Übungen, die sie nie beanstandet!

Generalisierte Stundenbilder

Das bedeutet für euch als Präventionstrainer, dass ihr euch nur einmal die Mühe machen müsst, Mobilisationsübungen schriftlich zu erfassen und diese bei Bedarf und Gefallen bildlich zu untersetzen. Danach führt ihr sie wiederholt an verschiedenen Stellen eurer Präventionskonzepte auf, um sie von der ZPP anerkennen zu lassen. Lediglich die Ziele der Übungen müssen angepasst werden, weil sie mit dem jeweiligen Konzept kompatibel sein sollten. Die Identifizierung solcher Ziele dürfte für euch Profis sicherlich kein Problem sein.

Wie geht ihr nun am besten vor? Das ist recht einfach:

  1. Geht alle Gelenke des menschlichen Körpers von oben nach unten durch und tragt sie beispielsweise in eine Tabelle ein. Beispiel: Kopfgelenk, Schultergelenk, Kniegelenk…
  2. Überlegt euch für jedes Gelenk 2-3 Übungen. Beschreibt die Übung stichwortartig. Beispiel: „Ellenbogenschließen“: aufrechter Stand, die Arme in 90° vor dem Körper angewinkelt, die Unterarme schließen und öffnen.
  3. Fertigt Skizzen der Übung an oder verwendet entsprechende Grafiken. Besser noch: fotografiert euch selbst bei den Übungen. Solche Bilder könnt ihr in jedem Konzept unterstützend einfügen, denn es erleichtert das Verständnis bei der Übungserklärung. Beispiel: „Ellenbogenschließen“:

  4. Überlegt euch für jede Übung mehrere Ziele, damit ihr die Übung an möglichst vielen Stellen eurer Kurskonzepte erwähnen könnt. Beispiel: „Ellenbogenschließen“
    Ziel 1: Mobilisation Schultergelenk
    Ziel 2: Kräftigung Brustmuskulatur
    Ziel 3: Dehnung Oberer Rücken

Auf diese Art und Weise erstellt ihr euren eigenen, internen Übungskatalog, der euch eine vielfältige Auswahl an Übungen für die unterschiedlichsten Präventionskonzepte bietet.

Angenommen, wir wollten die folgenden drei Konzepte bei der ZPP zertifizieren lassen: Faszientraining, Wirbelsäulengymnastik, Nordic Walking. Dabei soll das Kurskonzept für Faszientraining die Beweglichkeit steigern, das Kurskonzept für Wirbelsäulengymnastik die Kraftausdauer erhöhen und das Kurskonzept für Nordic Walking die Ausdauer aufbauen. Es handelt sich somit um drei unterschiedliche Beanspruchungskonzepte (Trainingsformen), die von der ZPP ganz unterschiedlich beurteilt werden. Dennoch können wir unsere Übung „Ellenbogenschließen“ in alle drei Konzepte einbauen:

Konzept Faszientraining (Beweglichkeit): Die Übung kommt am Ende einer Einheit vor, indem wir sie als eine Ausgleichsübung zum Faszienprogramm vorstellen. Denn eine Faszientrainingseinheit ist in der Regel so zu gestalten, dass mit einem Warm-Up begonnen wird und an das sich myofasziales Dehnen anschließt. Hieran knüpfen dann Release-Techniken an. Erst am Schluss gibt es einen Freiraum für Ausgleichsübungen, wie zum Beispiel das bereits erwähnte „Ellenbogenschließen“. Dieses würde das Ziel 2, also Kräftigung der Brustmuskulatur, sehr gut bedienen. Umgesetzt durch die Variation „Schließen und Gegeneinanderpressen“.

Konzept Wirbelsäulengymnastik (Kraftausdauer): In diesem Kurskonzept ist es sehr sinnvoll, jede Stunde mit Mobilisationsübungen zu beginnen. Zweck ist die Produktion der Gelenkflüssigkeit Synovia anzuregen. Dies liest die ZPP bei Kurskonzepten aus dem Präventionsprinzip 2 sehr gerne, weil die Teilnehmer Personen sind, die speziellen Risiken vorbeugen wollen. Oft handelt es sich um Ältere, die langsamer an eine Belastung herangeführt werden müssen. Neben der Gelenkschonung infolge einer gut angeregten Synovia, wird auch muskulären Verletzungen sowie überlasteten Bändern während des Trainings vorgebeugt.

Aus diesem Grund positionieren wir in diesem Konzept die Übung „Ellenbogenschließen“ gleich zu Beginn in die Aufwärmphase. Mit Ziel 1, also Mobilisation Schultergelenk.

Konzept Nordic Walking (Ausdauer): Wenn ihr der ZPP sagt, euer Konzept soll die Ausdauer steigern, dann besteht diese auch darauf, dass so gut wie alle Übungen die Ausdauer betreffen. Dennoch könnt ihr nicht einfach nur schreiben: Gruppe läuft los und hört nach 45 Minuten auf. Selbst während der Ausdauerphase soll es sinnvolle Übungen geben. Unsere Übung „Ellenbogenschließen“ lässt sich wunderbar in den Hauptteil des Konzeptes integrieren, also in die Ausdauerphase! Wie das geht? Ganz einfach: Der Teilnehmer führt die Übung während des Walkens für einen bestimmten Streckenabschnitt aus und hält dabei seine Walkingstöcke senkrecht in der Hand. Als Ziel setzt ihr „Dehnung Oberer Rücken während der Ausdauerphase“ ein und schon ist die ZPP happy.

Fazit

Es ist absolut lohnenswert, sich einmal hinzusetzen und einen schicken Übungskatalog zu basteln. Die Übungen können Wort für Wort für die unterschiedlichsten Konzepte verwendet werden, lediglich die Platzierung der Übungen und deren Zielsetzung werden angepasst. Außerdem könnt ihr solche Übungen komfortabel für Teilnehmer-Manuals verwenden, für die nicht nur eure Teilnehmer dankbar sind, sondern die von der ZPP bei jeder Zertifizierung verlangt werden.

Ein Aufwand, der mehrfach wiederverwendbar ist. So kann man sich das Leben als Präventionstrainer leichter machen!