Michael Janke, Apr 2023

Oh, oh, uns Präventionstrainern blüht etwas! Und zwar ab sofort. Der Frühling ist da. Die Bienen summen, die Hummeln brummen und die soeben aus Afrika heimgekehrte Mönchsgrasmücke zwitschert aufgekratzt vor sich hin. Aber nicht jeder unserer Mitmenschen freut sich dabei ungetrübt mit. Denn mit den milden Temperaturen kommt eine Plage über das Land. Absolut lautlos. Es erblühen Gräser und Blumen, Bäume und Sträucher und entlassen ihre Gene in die Welt. Ihre Pollen landen dabei ungewollt auch auf artfremden Schleimhäuten. Z.B. die unserer Augen und Nasen, Rachen und Münder. Unser Immunsystem wehrt sich nach Kräften, bei jedem Dritten von uns allerdings über die Maßen hinaus. Es ist Heuschnupfenzeit. Und die hat Konsequenzen. Auch für uns Präventionstrainer.

Denn, wie umgehen mit einem Klientel, welches mit allergischen Reaktionen auf die Polleninvasion zu kämpfen hat? Ist das Training anzuraten, wenn das Immunsystem am Durchdrehen ist? Wie lässt sich das Training mit Allergikern gestalten, um dabei noch wirksam zu sein? Welchen Rat geben wir unseren Klienten, sollten sie nach Tipps fragen, wie sich ihre allergischen Überreaktionen mildern, besser noch verhindern lassen? Und wie sieht es mit dir selbst aus, lieber Trainer, solltest du ein Heuschnupfengeplagter sein? Wie gehst du persönlich damit um? Fragen über Fragen…

Um es gleich vorwegzusagen: Sport und Training mit Heuschnupfensymptomen sind aus Sicht der Sportmedizin kein Problem! Das ist die gute Nachricht. Die für uns Präventionstrainer weniger gute Tatsache ist, dass einige unserer allergischen Klienten wegen belastender Symptomatik auf die Teilnahme an den Trainingskursen verzichten könnten. Und das ist natürlich kontraproduktiv. Wir Kursleiter „verlieren“ Kunden. Und diese, durch ihre Abstinenz, die positiven Gesundheitseffekte, welche die Trainingseinheiten vermitteln sollen. Insofern tun wir als Kursleiter gut daran, gegenüber unseren Teilnehmern auch als kompetenter Berater in Sachen Heuschnupfen-Allergie auftreten zu können – was allerdings ziemlich anspruchsvoll sein kann.

Denn schon bei der Frage, was Allergien überhaupt sind, scheiden sich die Geister. Wie bei anderen Fragestellungen auch, erhält man viele verschiedene Antworten auf die gleiche Frage, je nachdem, welchen Experten man befragt. Wir empfehlen an dieser Stelle Offenheit. Offen zu sein, für die verschiedenen Ansichten, denen wir begegnen. Denn nur dieser Art können wir ein ganz persönliches Verständnis von der Thematik entwickeln, welches sich dann auch souverän gegenüber unseren Kursteilnehmern vertreten lässt.

Halten wir uns zunächst einmal an das, worüber einigermaßen Klarheit herrscht. Zum Beispiel, dass bei den 18 Millionen deutschen Allergikern, die unter Heuschnupfen leiden, eine Überreaktion des Immunsystems bei Kontakt mit Pollen stattfindet. Die Körperabwehr kämpft gegen Fremdstoffe, die eigentlich gar kein Gesundheitsrisiko darstellen. Aber was kann man tun?

Kann man die Entwicklung einer Pollen-Allergie verhindern?

Über das Entwicklungsgeschehen besteht aus medizinischer Sicht Unklarheit. Populär ist die These, dass zu viel Hygiene und zu wenig Umgang mit Dreck und Schmutz in der (frühen) Kindheit unser Immunsystem unterentwickelt hält.

Ein weiteres wichtiges Konzept, welches aktuell große Aufmerksamkeit erlangt, ist die sogenannte Biodiversitäts-Hypothese. Dieses umfasst eine Vielzahl von Bio-Expositionen gegenüber Mikroben, Lebensmitteln, Allergenen, Pflanzen sowie Tieren, und stützt sich auf die Vielfalt dieser Kontakte. Man geht davon aus, dass hinter einer Allergie letztlich eine unausgeglichene Darmflora steckt, die wiederum das Immunsystem schnell ins Wanken bringen kann.

Natürlich steht auch die Psyche mit dem Auftreten allergischer Erkrankungen in einem untrennbaren Zusammenhang. Die aktuellen Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie zur Beeinflussung immunologischer Prozesse durch das Nervensystem, betreffen auch Überempfindlichkeiten gegenüber ansonsten harmloser Umweltstoffe. Hoch interessant in diesem Zusammenhang sind aber auch „ältere“ psychosomatische Erklärungsmodelle. Demnach ist eine Allergie keine Krankheit, sondern eine Konditionierung. Dies meint, dass hinter den äußeren Erscheinungsformen einer Krankheit immer ungelöste persönliche Konflikte stehen. Wird ein solcher Konflikt ausgelöst, verändert sich fast wie in einer Kettenreaktion das daraus resultierende Krankheitsbild. Die Psyche führt die Physis am Gängelband. Da schau` her.

Unseren Kursteilnehmern, die noch keine Allergien entwickelt haben, können wir zumindest anraten, das eigene Immunsystem in Schuss zu halten. Indem sie häufigen und durchaus „schmutzigen“ Kontakt mit der Umwelt haben und sich obendrein regelmäßig körperlich aktivieren. Um eine gute und intakte Darm-Flora zu entwickeln, sind eine entsprechende Ernährungsweise sowie regelmäßiges Fasten die beste Beihilfe bei Allergien. Last but not least kannst du deinen Kursteilnehmern auch noch mit auf den Weg geben, möglichst ihr Stresslevel zu senken, da dieses das allergische Geschehen zusätzlich befeuert. Entspannungsübungen bilden hierfür eine gut praktizierbare Interventionsmöglichkeiten.

Was lässt sich unternehmen, wenn man bereits Allergien hat?

Zusätzlich zu den oben erwähnten Ratschlägen sollten bei Allergikern gerade bei Aktivitäten im Freien bewusst Atemnot vermieden und regelmäßige Erholungsphasen eingehalten werden.

Um Vorhersagen über mögliche Pollenbelastungen treffen zu können, ist ein Pollenflugkalender sehr hilfreich. Mit diesem kann man abschätzen, wann (sportliche) Aktivitäten auf geschlossene Räume beschränkt werden sollten. Aber auch die Uhrzeit und der Ort der Aktivitäten sind von entscheidender Bedeutung! So ist die Pollenbelastung auf dem Land morgens deutlich höher als abends. In der Stadt verhält es sich genau umgekehrt. Wohnst du in ländlichen Regionen ist die Zeit zwischen 18 Uhr und Mitternacht ideal für alle Aktivitäten im Freien. In der Stadt sind es die Stunden von 4 bis 8 Uhr morgens. Dies gilt auch für das Lüften der Wohnung.

Kursteilnehmern, die bereits über eine Pollenallergien verfügen, kannst du folgende Tipps zum Training geben:

  • Nach dem Trainingsollte geduscht werden, um die Pollen vom Körper zu waschen. Wenn möglich, die Haare abends waschen. So wird verhindert, dass diePollen auf dem Kopfkissenlanden und nachts eingeatmet werden. Die Straßenbekleidung außerhalb des Schlafzimmers ausziehen und lagern, um einezusätzliche Belastung durch Pollen in diesem Raum zu vermeiden.
  • Bei akuten Beschwerden können Antihistaminika eingenommen werden. Sie können sowohl zur lokalen Heuschnupfen-Therapie in Form von Nasensprays oder als Augentropfen angewendet werden oder auch als Tabletten, die auf den ganzen Körper wirken. Früher machten Antihistaminika oftmals müde, doch die „Antihistaminika der neuen Generation“ haben diese Nebenwirkung kaum noch. Wer unter allergischem Asthma leidet, sollte vor dem Sport unbedingt mit seinem Arzt sprechen, um die richtige Trainingsart zu bestimmen und ggf. verschreibungspflichtige Medikamente verabreicht zu bekommen.

Damit wir unseren Beruf auch unter diesen Umständen mit Freude ausüben zu können, bleibt uns Trainern nur eines übrig: In Bezug auf Allergien bleiben wir aufmerksam, informiert und optimistisch, um unsere Kursteilnehmer dazu zu motivieren, gerade in der Allergiezeit aktiv zu bleiben. Denn Bewegung tut nicht nur körperlich gut, sondern lenkt auch geistig von den Symptomen ab. Allergische Beschwerden werden nämlich auf einem kuscheligen Sofa viel intensiver gespürt, als auf einer Trainingsmatte. 🧘‍♂️